5 Fragen zu Echiquier Major SRI Growth Europe in der Coronakrise

Wie analysieren Sie das aktuelle Umfeld?

Matthieu Détroyat (MD):

Wir befinden uns in einer Gesundheitskrise, die in ihrer Art und ihrem Ausmaß einzigartig ist. Sehr bald nach dem Auftreten des Virus in Europa war die Reaktion der Regierungen beispiellos: Um die Ausbreitung des Viruseinzudämmen, musste die Wirtschaft nahezu komplett zum Stillstand gebracht werden. Die Reaktion der Zentralbanken und Regierungen war in ihrem Ausmaß und ihrer raschen Umsetzung beispiellos. Dies führt uns in eine tiefe, koordinierte globale Rezession. 

Welche Gemeinsamkeiten mit den jüngsten Krisen 2000 und 2008/2009 gibt es? Zunächst einmal fehlt es – wie in einer Krise üblich – an Sichtbarkeit. Jeder navigiert durch Nebel… Regierungen, Unternehmen, Investoren. Dies führt zu großer Volatilität. Diese hat sich zwar in letzter Zeit nach einem zwischenzeitlichen Höchststand im März etwas beruhigt, bleibt aber in absoluten Zahlen hoch. Anleger suchen nach vermeintlicher Sicherheit, indem sie große, liquide Qualitätsunternehmen bevorzugen, die sich in vergangenen Krisen als sehr widerstandsfähig erwiesen haben.

Wie bei allen Krisen stellt sich die Frage nach den offensichtlichen kurzfristigen Folgen für die Wirtschaft und vor allem, wie der darauffolgende Aufschwung aussehen wird: ein V, ein U, ein L? Aus heutiger Sicht sind alle Szenarien möglich.

Aus organisatorischer Sicht hat diese Krise dazu geführt, dass wir uns ein wenig anders organisieren müssen. Es ist uns gelungen, dank der Solidität unserer IT-Systeme, eine Umgebung zu schaffen, die der, die wir vorher kannten, recht ähnlich ist. Wir sind durchaus in der Lage zusammenzuarbeiten, um die Portfolios zu optimieren und zu schützen. Wir schaffen es problemlos miteinander zu interagieren, so dass es in dieser Hinsicht sowohl beruhigend als auch positiv ist.

 

Wie verhalten sich die großen europäischen Aktien mit nachhaltigem Wachstum in diesem Umfeld?

Das Universum der Wachstumstitel, der Wachstums-Qualitätsaktien, verhält sich gut und behält seinen Vorsprung gegenüber dem Rest des Marktes. Es handelt sich um ein Universum, das in Aufschwungphasen gut funktioniert und in Zeiten eines zyklischen Abschwungs oder einer Rezession generell den Rest des Marktes übertrifft. Dafür gibt es mehrere Gründe: 

Erstens, die Liquidität: Wir sind einem Umfeld, in dem die Visibilität sehr gering ist, in liquiden Aktien mit hoher Marktkapitalisierung investiert. Das ist ein beruhigender Faktor.

Zweitens, die Qualität: Unsere Unternehmen haben eine starke Cash-Generierung und solide Bilanzen mit einem Schuldenstand, der unter Kontrolle ist. Dies ist ein Universum, das weiterhin von einem Umfeld niedriger und Zinssätze profitiert.

Wir müssen jedoch vorsichtig sein, denn trotz der fundamentalen Qualität dieser Unternehmen werden die meisten von ihnen sehr ausgeprägte Korrekturen im Gewinnwachstum erfahren, was bedeutet, dass wir besonders wachsam sein müssen, was die Bewertungsniveaus betrifft.

 

Echiquier Major SRI Growth Europe hat sich seit Jahresbeginn sehr gut entwickelt. Was sind die Gründe dafür?

Es stimmt, dass wir mit der Leistung zufrieden sind. Seit Jahresbeginn ist Echiquier Major SRI Growth Europe um -13% gesunken, während der Index um -22% gesunken ist. Wir liegen also 9 Prozentpunkte vor unserem Referenzindex. Das ist umso erfreulicher, als 2019 bereits ein sehr gutes Jahr war, wir lagen bei +40%, also 14 Prozentpunkte vor dem Index. Der Fonds hat in der Abwärtsphase vom 20. Februar bis zum 20. März tatsächlich gut widerstanden und bei der Erholung, die wir gerade erleben, eine zusätzliche Outperformance erzielt.

Fünf Gründe wurden dafür identifiziert:

1. Eine Positionierung, die strukturell ziemlich defensiv ist: Heute befinden sich 70% des Portfolios in sogenannten „sichtbaren Wachstumswerten“. Die großen „Wachstumsführer“ (wie L’Oréal oder Novo Nordisk) bieten Sichtbarkeit und Widerstandsfähigkeit und sind gerüstet Krisen zu überstehen.

2. Die Sektorallokation: Echiquier Major SRI Growth Europe ist ein SRI-Fonds, was einige wichtige Faktoren impliziert. Es gibt Sektoren, die wir nicht oder nur in sehr geringem Umfang im Portfolio haben (zum Beispiel Finanzwerte oder Öl). Dies sind Sektoren, die seit Anfang des Jahres stark verloren haben, sie sind um mehr als 35% gefallen. Auf der anderen Seite sind wir in Sektoren übergewichtet, die sich sehr gut entwickeln (zum Beispiel das Gesundheitswesen). Dieser Sektor ist seit Jahresbeginn nur um 6% gefallen, im Fonds sind Titel aus dem Gesundheitswesen mit etwa 20% gewichtet.

3. Das Stockpicking: Die Auswahl der Aktien bildet ein sehr solides Portfolio. Wir haben keine verschuldeten Unternehmen oder Unternehmen mit Liquiditätsproblemen. Beispiele sind  Cellnex (Telekommunikation), die seit Jahresanfang bei +30% liegen, Lonza (Pharmaproduzent) bei ca. +15% und Novo Nordisk (pharmazeutische Produkte) bei etwa +11%.

4. Gute ESG-Profile: Wir wissen, dass die Unternehmen mit dem besten ESG-Profil diejenigen mit den schlechteren Noten übertreffen. Wir konzentrieren und vor allem auf die herausragende Governance.

5. Eine ruhige Hand: Wir befinden uns in einem Umfeld, das die Fähigkeit, seine Positionen zu halten, fördert und belohnt. Wir haben traditionell eine recht begrenzten Umschlaghäufigkeit im Portfolio.

 

Wie sieht es in diesem Umfeld mit den Bewertungen der Unternehmen aus?

Wenn wir über die jüngsten Bewegungen sprechen, haben wir uns in diesem relativ dramatischen Umfeld zur Aufgabe gestellt unsere Ertragserwartungen für alle 33 Unternehmen im Portfolio zu überarbeiten. Dies ermöglicht es einen genaueren Überblick über das aktuelle Bewertungsniveau zu erhalten.

Wir sind dem Marktkonsens wahrscheinlich ein wenig voraus und wir haben jetzt eine aktuelle und verfeinerte Vorstellung von unseren Kauf- und Verkaufszielpreisen für jeden Titel. Dadurch können wir das Risiko/Chancen-Verhältnis des Portfolios optimieren. Als Ergebnis dieser Übung haben wir etwa 8% des Portfolios gedreht. So haben wir beispielsweise beschlossen, Positionen abzubauen, die sich seit Jahresbeginn sehr gut gehalten haben: Lonza und Teleperformance. Wir haben auch Positionen in Wertpapieren abgebaut, deren Bewertungen uns im aktuellen Kontext und im Ausblick auf die kommenden Monate zu hoch erscheinen: Dassault Systèmes und Temenos. Gleichzeitig haben wir damit begonnen, opportunistisch einige wenige Aktien zu verstärken, die wirklich an der vordersten Front der Krise standen und bei denen wir glauben, dass das Chance-Risiko-Verhältnis allmählich wieder attraktiv wird: zum Beispiel Compass und Madeos.

Das Portfolio ist nicht revolutioniert worden und hat weiterhin 70% „sichtbares Wachstum“, aber es ist uns gelungen das Gesamtbewertungsniveau des Portfolios zu senken und unser Risiko/Ertrag-Verhältnis zu optimieren.

 

Glauben Sie, dass es an der Zeit ist, sich auf den Märkten neu zu positionieren?

Wie erwähnt fehlt es an Sichtbarkeit, insbesondere in einer Gesundheitskrise, so dass wir bei den Preisen, die wir sehen, natürlich vorsichtig sein müssen. Die PEEs (Price Earning Estimates), die wir sehen, spiegeln den aktuellen Preis der Unternehmen nicht wirklich korrekt wider, da der Konsens für die Schätzungen für die kommenden Quartale noch sehr deutlich revidiert werden muss.

Um eine Größenordnung der Umsatzschätzungen für die Unternehmen des Portfolios zu geben, gehen wir für 2020 nun von einem Rückgang ihres Gesamtumsatzes um 2% aus. Der Marktkonsens liegt immer noch bei +3,5%. Wenn wir von Rentabilität und damit von EBITDA sprechen, erwarten wir für die Titel des Fonds jetzt einen Anstieg von 3,5%. Der Konsens liegt hier 80 Basispunkte höher (+4.3%).

Wir müssen alle wachsam bleiben, auch was zukünftige und relativ brutale Rückschläge betrifft. Die Märkte werden sehr volatil bleiben und es wird weiterhin eine Vielzahl sehr schlechter Nachrichten geben.

Davon jedoch abgesehen, befinden wir uns im Allgemeinen auf einem guten Kaufniveau, falls man mittelfristig investieren möchte, d.h. auf 2 bis 3 Jahre. Dafür ist dies der Zeitpunkt, um in sogenannte „Wachstumsführer“ mit langfristigen Trends und sehr guten ESG-Profilen zu investieren. Das Zinsumfeld bleibt niedrig und sehr günstig für die Titel in unserem Universum. Wir sehen kein großes Risiko eines Anstiegs der kurzfristigen Zinssätze, daher ist dies eine Aktienkategorie, die Schutz nach unten und ein gutes Engagement nach oben bieten sollte.