Job Fiction

Brexit oder nicht? Zinsanstieg oder langfristig negative Renditen? Volatilität des Ölpreises? Wenn Sie sich für gewöhnlich von den täglichen Meldungen zur Marktentwicklung leiten lassen, ist es möglicherweise sinnvoll, einen Schritt zur Seite zu treten und sich das Geschehen einmal in Ruhe anzuschauen. Ihnen werden die Zusammenhänge und wesentlichen Punkte dann wahrscheinlich klarer.

Es besteht zum Beispiel kein Zweifel daran, dass die Digitalisierung im Dienstleistungssektor mit Riesenschritten voranschreitet und nahezu alle Bereiche in unserem Alltag fundamental verändert. Doch angesichts der Leichtigkeit und enormen Geschwindigkeit, mit der sich die digitale Wirtschaft vor unseren Augen ausbreitet, vergessen wir manchmal, in welchem Maße Roboter bereits bei der Produktion von Gütern eingesetzt werden.

Auch hier ist eine Revolution im Gange. Das Reich der Mitte, das für seine Effizienz und Ausführungsgeschwindigkeit bekannt ist, setzt in seinem Wachstumsplan „Made in China 2025“ auf „Innovationen, um einen Wandel von Quantität zu Qualität zu vollziehen“. Es strebt eine industrielle Spitzenposition an, die durch höhere Investitionen in vier Schwerpunktbereichen erzielt werden soll: Informationstechnologie, Luft- und Raumfahrt, neue Materialien und Robotik. Fast genau ein Jahr später liefert das Übernahmeangebot des chinesischen Mischkonzerns MIDEA GROUP für das deutsche Unternehmen KUKA, einem der weltweit führenden Hersteller von Robotern, hierfür ein konkretes Beispiel.

Auch andernorts gibt es Signale für das Ausmaß der Entwicklung: Der taiwanesische Hersteller von Apple-Smartphones FOXCONN hat 60.000 Mitarbeiter in einer seiner Fabriken in China durch „Foxbots“ ersetzt, und ADIDAS hat die Verlagerung der Produktion seiner Schuhe in eine Fabrik in Deutschland angekündigt, in der massiv Roboter zum Einsatz kommen.

Deutschland setzt im Industriesektor voll auf Digitalisierung. Man hat auch schon einen Namen dafür gefunden: „Industrie 4.0“. Dabei geht es um den Übergang von der Massenproduktion bzw. dem Massenkonsum zur Industrieproduktion nach Maß. Bei diesen Smart Businesses im Bereich der vorbeugenden Instandhaltung und Optimierung durch Einsatz vernetzter Roboter und künstlicher Intelligenz explodieren geradezu die Investitionen weltweit, und der „Krieg der Gehirne“ hat schon lange begonnen.

All dies vollzieht sich so schnell, dass manche Experten voraussagen, die Hälfte der Arbeitsplätze – auch im Dienstleistungssektor und Jobs, bei denen intellektuelle Fähigkeiten gefragt sind – könnte in den nächsten 15 Jahren wegfallen. Diese Entwicklung wird durch den Mangel an verfügbaren Arbeitskräften verstärkt: Deutsche Industrieunternehmen sind besorgt, da 50 % der Produktionsingenieure in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand gehen werden. Die Roboterindustrie boomt daher vor allem in Ländern, die besonders stark unter Arbeitskräftemangel leiden.

Sind alle Sektoren betroffen? Es gibt heute mehrere Tests(1), mit denen man sich ein relativ genaues Bild machen kann. Doch statt sich Sorgen über die Nachhaltigkeit der Arbeitsplätze zu machen, sollte man optimistisch bleiben und sich das positive Potenzial vor Augen führen, das dieser Wandel für die Verwirklichung durch Arbeit haben kann. Die Debatte über dieses Thema ist von wesentlicher Bedeutung, da es sich um eine politische Frage handelt, die entscheidend für die Zukunft unserer Gesellschaft ist. Sie sollte auf tiefschürfende und schnelle Weise geführt werden; dies bietet viel Raum für den Widerstreit zwischen cartesianischem Geist und konfuzianischer Weisheit.


¹ „Will a robot take your job ?“

http://www.bbc.com/news/technology-34066941