Schwindelerregend

Kann eine Maschine eine menschliche Konversation nachahmen? Auf diese vor mehr als 60 Jahren von Alan Turing, dem Vater der Informatik1, gestellte Frage kann heute eine positive Antwort gegeben werden.

Das Eindringen der künstlichen Intelligenz (KI) in unser Leben ist noch neu, aber sie wird es radikal verändern. 2017 ist ein Wendepunkt und wird den Menschen als das „Jahr Null“ der KI in Erinnerung bleiben. Das Ausmaß dieser Revolution ist beispiellos in unserer Geschichte und übertrifft jene von Gutenberg (15. Jahrhundert) oder der Dampfmaschine (Ende des 18. Jahrhunderts). Das Vokabular – Machine Learning, Deep Learning, Big Data, Hyperscaler… – ist bereits in alle Konversationen vorgedrungen, und die Utopien von gestern werden Realität.

Es ist eine Revolution, die von mehreren Umständen begünstigt wird.

Der erste Umstand sind die Daten, ein von uns in phänomenaler Menge produzierter Rohstoff. Eine von IBM im Jahr 2016 veröffentlichte Studie schätzt, dass 90 % der von der Menschheit generierten Daten auf die beiden letzten Jahre entfallen.

Der zweite Motor dieser Revolution: die Datenzentren, die echte Lernlabore für KI-Algorithmen sind. Diese von AMAZON, MICROSOFT oder ALIBABA betriebenen riesigen Datenzentren, die unsere Daten speichern, stellen den Unternehmen eine schwindelerregende Rechenleistung zur Verfügung, die es ihnen ermöglicht, KI-Anwendungen blitzschnell zu entwickeln. Schließlich sind Grafikprozessoren das dritte unverzichtbare Werkzeug für den Höhenflug der KI. Durch sie können Algorithmen entwickelt und anschließend in Echtzeit genutzt werden.

Diese brandenden Wellen technologischer Innovation eröffnen das Feld der Möglichkeiten. Die sich daraus ergebenden Anwendungen kennen keine Grenzen. Beispielsweise wird das selbstfahrende Auto den Transport revolutionieren. Internetriesen (GOOGLE, APPLE, BAIDU), Start-ups (UBER, DRIVE.AI) und natürlich Automobilhersteller (TESLA, BMW, NISSAN) investieren massiv. WAYMO, eine Tochtergesellschaft von GOOGLE, bietet in Phoenix, Arizona, bereits einen kostenlosen Service autonomer Taxis an. Über diese Komfortanwendungen hinaus werden insbesondere in der Medizin gewaltige Fortschritte erreicht. Beispielsweise kann WATSON, ein von IBM entwickeltes System, bestimmte Krebsarten mit einer Erfolgsquote erkennen, die deutlich über jener der besten Onkologen liegt2.

Kurz- oder mittelfristig werden alle Sektoren betroffen sein, und das Finanzökosystem wird sich dem nicht entziehen können. Der weltweit zweitgrößte Versicherer PING AN aus China optimiert bereits den Preis seiner Versicherungsprodukte und die Zeit, die für die Vergabe eines Kredits benötigt wird, mithilfe von Daten, die ihm von fast 900 Millionen Nutzern zur Verfügung stehen. Auch wir von La Financière de l‘Echiquier ruhen uns nicht aus und entwickeln Instrumente auf der Basis des Machine Learning, die eine Optimierung unserer Forschung und die Filterung der Universen anhand von Tausenden von Werten ermöglichen.

Ganz gleich, ob es das Jahr Null für die KI ist oder nicht – eines ist sicher: Im Jahr 2017 geborene Kinder müssen nicht mehr Autofahren lernen und auch keinen Computer kaufen (alles geschieht in der Cloud), und sie sollten unbedingt eine Programmiersprache anstatt einer Fremdsprache lernen: Die Übersetzung in Echtzeit kommt 2018. Wir sollten keine Angst vor diesem Wandel haben… selbst wenn die Innovationen die Rolle des Einzelnen tiefgreifend verändern. Wir treffen die Entscheidungen und haben keinen Zweifel daran, dass die Menschen diese neuen Instrumente zu nutzen wissen, um ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen!

Didier Le Menestrel

1  Autor des Turing-Tests, der feststellen sollte, ob ein Computer in der Lage ist, menschliche Gedanken zu reproduzieren.
2  IBM, American Society of Clinical Oncology Meeting, Juni 2017.