Olivier de Berranger

Das Ass im Ärmel(kanal)

„Wir werden noch unsere Freude haben.“ Waren diese Worte von Präsident Charles de Gaulle, der 1963 gegen den Beitritt des Vereinigten Königreichs in den gemeinsamen Markt war, prophetisch? Ob die Wirren um den Brexit mehr als 50 Jahre später nun belustigen oder ernüchtern mögen, sie vergiften auf jeden Fall seit mehr als drei Jahren das Leben der Anleger und treiben sie von britischen Aktien weg. Der Ausgang dieser endlosen Geschichte könnte das Blatt jedoch wenden.

Denn auch wenn sich die Gewichtung des britischen Marktes in den europäischen Indizes verringert hat – vor Juni 2016 waren es 33 % und nun ein Viertel des MSCI – so bleibt er gleichwohl der bei weitem wichtigste Markt in Europa. Zu seinen Stärken zählen seine Tiefe und die sehr breite Streuung. Private-Equity-Fonds lassen sich indes nicht täuschen und tätigen seit sechs Monaten umfangreiche Zukäufe erfolgreicher Unternehmen – vom Luft- und Raumfahrtunternehmen COBHAM über den Bierbrauer GREENE KING bis hin zu MERLIN ENTERTAINMENT …

Die Wirtschaft des Vereinigten Königreichs ähnelt durch die Höhe ihres Zahlungsbilanzdefizits (5,6 % des BIP) zudem der Wirtschaft mancher Schwellenländer. Und die Geschichte geizt nicht mit Beispielen, die zeigen, dass sich Krisen in Ländern mit Schieflage als fruchtbar erweisen können: Asien 1997, Russland 1998 und Brasilien 2002. Eine Entwicklung, die auch britische Aktien bald erleben könnten, während die Untergewichtung dieser Assetklasse durch die Anleger Rekordniveaus erreicht und ihr Bewertungsabschlag im Vergleich zu globalen Aktien auf einem Niveau wie Ende der 1980er Jahre liegt. Der Brexit könnte dem Vereinigte Königreich durchaus die historische Chance bieten, sein Wirtschaftsmodell neu zu definieren und sein Wachstumspotenzial zu steigern (Singapur an der Themse?). Die konservative Regierung kann Reformen zur Förderung von Investitionen und Unternehmen zweifelsohne umsetzen.

Doch es ist weiterhin Vorsicht geboten. Das Königreich ist ein disruptiver Vorreiter, und die Digitalisierung seiner Wirtschaft ist sehr weit fortgeschritten. Dies betrifft mit Bankdienstleistungen und Handel insbesondere zwei Sektoren, die in der Vergangenheit von Anlegern bevorzugt wurden. Im Falle einer Lösung der Brexit-Frage könnten diese Sektoren von einem zweifellos vorübergehenden Entlastungseffekt profitieren.

Wenngleich die Sorgen einiger Akteure zunehmen, entstehen für die Mutigen mehr Gelegenheiten, denn der Index FTSE 250 ist ein Füllhorn an Chancen. In dieser entstehenden schönen neuen Welt liegt unser Fokus darauf, die Perlen zu finden, die seit 28 Jahren die Geschichte, die Wertentwicklung und den Mut des Echiquier Agressor ausmachen!