Clement Inbona

 Macroscope: Investoren scheuen extreme Ideen der US-Regierung 

 

Von Clément Inbona, Fondsmanager bei LFDE

Paris / Frankfurt am Main, 04.03.2025 – In den USA ist das Overton-Fenster weit geöffnet. Das Overton-Fenster oder „Annehmlichkeitsfenster“ bezeichnet die Gesamtheit der Ideen und Meinungen, die von der öffentlichen Meinung einer Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt als mehr oder weniger akzeptabel eingestuft werden. Dieses dynamische Konzept entwickelt sich insbesondere auf folgende Weise: Durch die bewusste Förderung extremer Ideen wird die öffentliche Meinung eher geneigt sein, im Vergleich dazu Ideen zu akzeptieren, die zuvor als inakzeptabel galten.

In den USA hat Donald Trump dieses Fenster seit seinem Amtsantritt stark vergrößert, nicht nur auf gesellschaftlicher und politischer, sondern auch auf wirtschaftlicher Ebene. Dies erklärt zweifellos zumindest teilweise die schwache Performance der US-Aktien gegenüber dem Rest der Welt zwischen der Amtseinführung am 20. Januar und dem 27. Februar. In diesem Zeitraum lag der S&P 500 um 8% hinter dem globalen Index ohne die USA.

Von „Mag 7“ zu „Lag 7“: Unsicherheit spürbar seit Jahresbeginn

Donald Trump hat die Wirtschaftsakteure und die Finanzmärkte mit einer Vielzahl von aufsehenerregenden Äußerungen zur Handelspolitik, Deregulierung, Geopolitik und Kürzung der öffentlichen Ausgaben unter der Leitung von Elon Musk in einen Zustand der permanenten Verblüffung versetzt. Seine Unberechenbarkeit und seine Fähigkeit, „quick and dirty“-Entscheidungen zu treffen, zeigen sich allmählich in dem schwindenden Vertrauen der Verbraucher und Unternehmen. Darüber hinaus ist die Unsicherheit an den Märkten spürbar – der Angstindex VIX steigt an. Und trotz solider Ergebnisse für das vierte Quartal 2024 sind die Staraktien der letzten zwei Jahre – die „MAG 7“ – seit Jahresbeginn auf dem absteigenden Ast. Am 27. Februar lagen 6 der 7 Aktien im Minus bzw. seit dem 1. Januar sogar deutlich im Minus, während der S&P nahezu ausgeglichen ist. Sollten sie von nun an in „LAG 7“ umbenannt werden?

Was kommt mit dem Mar-a-Lago-Abkommen?

Eines der sichtbarsten Symptome für die Vergrößerung dieses berühmten Fensters war in den letzten Tagen an der Wall Street die wachsende Zahl von Berichten über ein mögliches Mar-a-Lago-Abkommen, nach dem Vorbild des Plaza-Abkommens von 1985. Dieses noch hypothetische Abkommen soll den Dollar schwächen, um die Wettbewerbsfähigkeit der USA wiederherzustellen, aber vor allem, um die Staatsschulden der USA abzubauen. Die wildesten Hypothesen gehen sogar so weit, dass man sich ein Tauschabkommen mit den Gläubigern der bestehenden Schulden gegen Anleihen mit einer Laufzeit von 100 Jahren ohne Kupon bis zum Ablauf der säkularen Frist vorstellen könnte. Die Situation wäre nicht weit von einer Form der Enteignung ausländischer Investoren entfernt.

Nach seiner ersten Amtszeit scheint es, dass Trump sein Mantra „Make America Great Again“ nur mit widerstandsfähigen Aktienmärkten erreichen kann. Andernfalls könnten die nächsten vier Jahre für Anleger, die in US-Anlagen investieren, sehr lang werden.

 
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