Olivier de Berranger

Macroscope : Börsenperformance: wenige Bäume verdecken den Blick auf den Wald

Paris, 25. April 2023 – Mit einer Performance von knapp 17 % seit Jahresbeginn führt der französische Leitindex CAC 40 unangefochten die Riege der weltweiten Länder-Indizes an. Er verzeichnet einen Rekord nach dem anderen. Der Nasdaq legte nach einem schwierigen Jahr für den US-Technologiesektor um 19 % zu. Mehrere weitere Indizes, insbesondere in Europa, verzeichnen Zuwächse von über 10 % oder gar 15 %. Ein scheinbar idyllisches Bild der Lage an den Aktienmärkten im ersten Jahresdrittel. Doch so wie Fluchtlinien in Kunstwerken den Blick auf das Hauptthema lenken sollen, zeigen diese Wertentwicklungen nur einen Teil des Börsenuniversums. Weniger Schillerndes bleibt im Verborgenen.

Starker Jahresauftakt an den Börsen – aber nicht überall

In der Eurozone ist die starke Outperformance von Luxusgütern und Nicht-Basiskonsumgütern hervorzuheben, die im CAC 40 besonders stark vertreten sind. So kratzen Hermès, LVHM und L‘Oréal an der 30-Prozent-Marke oder übertreffen diese sogar, während Kering und Christian Dior eine Performance von über 20 % aufweisen. Auf der anderen Seite ist eine ausgeprägte Underperformance kleiner Marktkapitalisierungen zu beobachten. Weit entfernt von den 14 % der großen Titel des MSCI EMU verzeichnet der Index der kleinen Unternehmen, der MSCI Small Cap, nur ein Plus von 9 %, während es bei dem Kleinstunternehmen abbildenden MSCI EMU Micro Cap lediglich 5 % sind.

In den USA ist dieses Phänomen wohl noch offenkundiger. Während der Nasdaq seit Jahresbeginn 19 % zugelegt hat, verzeichnet der Leitindex der US-Börsen, der S&P 500, lediglich einen Zuwachs von knapp über 8 %. Der Industriewerteindex Dow Jones und der Russell 2000, der kleinere Unternehmen abbildet, stiegen jeweils nur um wenig mehr als 2 %. Eine magere Performance, die für Anleger in Euro durch den Rückgang des US-Dollars, fast völlig zunichte gemacht wird. Diese deutliche Zweiteilung der amerikanischen Indizes lässt sich insbesondere mit dem starken Anstieg der großen Technologiewerte erklären. Apple, Microsoft, Amazon, Nvidia und Alphabet, die fünf Schwergewichte des S&P 500, generieren allein 73 % der Performance des Index, obwohl sie nur einen Anteil von 20 % desselben ausmachen.

Extreme Konzentration der Wertentwicklung beim S&P 500

Diese extreme Konzentration der Wertentwicklungen führt zu einer starken Verringerung der Markttiefe. In den vergangenen drei Monaten haben weniger als 25 % der Titel des S&P 500 den Index übertroffen, während es im Durchschnitt etwa 50 % sind. Das ist das niedrigste Niveau seit mindestens 2005 und zeugt von einer gewissen Instabilität. Zum einen deutet dies darauf hin, dass der Anstieg nur auf eine begrenzte Anzahl von Titeln zurückzuführen ist. Zum anderen handelt es sich bei diesen im Wesentlichen um Unternehmen mit sehr großer Marktkapitalisierung. Das lässt vermuten, dass die Käufe zum großen Teil auf einer indexorientierten Logik beruhen, die von Trendfolgefonds oder Algorithmen und weniger von einem allgemeinen Optimismus bei den Anlegern – insbesondere den auf Fundamentaldaten fokussierten – getragen wird.

Anders ausgedrückt deutet dies auf eine Marktpositionierung hin, die sich im Falle vieler aufeinanderfolgender schlechter Nachrichten sehr schnell umkehren kann. Dadurch, dass die Zentralbank angesichts des langsamen Inflationsrückgangs an einer restriktiven Geldpolitik festhalten muss, während sich zugleich die makroökonomischen Daten allmählich verschlechtern, wird vor allem in den USA derzeit ein Umfeld geschaffen, in dem es durchaus zu einem solchen Szenario kommen könnte. Zweifellos wird den Anlegern dann klar, dass ein paar Bäume den übrigen Wald auf Dauer nicht verdecken können.

Von Olivier de Berranger, CIO bei LFDE

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