Coline Pavot

Zugang zu Gesundheitsversorgung hat Priorität

„Die Ungleichheiten im Bereich der Gesundheitsdienste sind der Grund für die Unterschiede bei der Lebenserwartung“ stellte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schon 2019 fest. Vom ungleichen Zugang zu Impfstoffen bis hin zu den zunehmenden, insbesondere auf den Pflegekräftemangel zurückzuführenden Schwierigkeiten, die Gesundheitssysteme aufrechtzuerhalten: Die Gesundheitskrise hat die wachsenden Ungleichheiten beim Zugang zu medizinischer Versorgung und deren Folgeauswirkungen aufgezeigt. Die Gesundheit der Menschheit scheint somit von dieser vielschichtigen Herausforderung abzuhängen. Wir haben uns mehrere Monate mit diesem Thema beschäftigt, das sich darüber hinaus als wichtiges Anlagethema für uns als Impact-Anleger darstellt.

Was sind die Hintergründe dieser Schwierigkeiten beim Zugang zu Gesundheitsversorgung? Welche Lösungen existieren, um die Hemmnisse zu beseitigen?

Geografische Gründe

Die geografische Erreichbarkeit ist ein Schlüsselaspekt des Zugangs zu Gesundheitsversorgung. Für geschätzte 646 Millionen Menschen weltweit ist das nächste Gesundheitszentrum nicht in unter einer Stunde zu erreichen1. Dies ist umso dramatischer, als bestimmte Krankheiten eine engmaschigen medizinischen Betreuung benötigen. Lösungsansätze können u. a. die Telemedizin und die damit verbundenen Technologien bieten. Sie stellen eine Antwort auf die medizinische Unterversorgung dar und ermöglichen eine schnellere Versorgung weitab lebender Menschen.

Finanzielle Gründe

Die weltweiten Gesundheitsausgaben haben sich in den letzten 20 Jahren auf mittlerweile 8.500 Milliarden US-Dollar pro Jahr verdoppelt2. Diese Kosten belasten sowohl die staatlichen Gesundheitssysteme als auch den Geldbeutel der Patienten und haben negative Folgen für den Zugang zu medizinischer Versorgung. In den USA ist es 33 % der Bevölkerung aus finanziellen Gründen nicht möglich, empfohlene Versorgungsleistungen in Anspruch zu nehmen oder einen Arzt aufzusuchen3. Angesichts dieser Herausforderung setzen Unternehmen auf Innovation, um die medizinische Versorgung erschwinglicher zu machen. Ein Beispiel dafür ist die In-vitro-Diagnostik4, auf die nur 2 bis 3 % der weltweiten Gesundheitsausgaben entfallen, von der aber die meisten medizinischen Entscheidungen abhängen. Dank ihrer Präzision lassen sich die Wartezeiten bis zur Behandlung sowie Krankenhausaufenthalte verkürzen.

Eine Frage der Verfügbarkeit

In Europa sind eine Million Stellen im Gesundheitssektor unbesetzt5. Dieser Pflegekräftemangel erschwert die Patientenversorgung. Das Problem der Verfügbarkeit betrifft auch die Therapien. 300 Millionen Menschen weltweit leiden unter einer Krankheit, die derzeit nicht behandelbar ist6. Die Unternehmen nehmen sich dieser doppelten Herausforderung an, indem sie insbesondere Softwarelösungen, die dem Pflegepersonal Zeit sparen, und innovative biologische Arzneimittel für seltene Krankheiten oder bestimmte Krebsarten entwickeln, für die bisher kaum Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.

Mangelndes Vertrauen

Die letzte Herausforderung ist die Akzeptanz der Therapien. Beispielsweise sind 37 % der Franzosen nicht davon überzeugt, dass das Gesundheitssystem ihnen die bestmögliche Behandlung zukommen lässt7. Dieses Misstrauen kann mit verschiedenen Faktoren zusammenhängen, etwa mit Sorgen um die Qualität der Pflege aufgrund von Medienberichten über Medizinskandale oder mit den Schmerzen, die mit bestimmten Therapien verbunden sind. Auch die Stärkung des Patientenvertrauens in die Qualität der Pflege motiviert die Unternehmen, innovative Lösungen zu erarbeiten; dies gilt vor allem für Unternehmen, die innovative Medizinprodukte wie beispielsweise schlauchlose Insulinpumpen entwickeln, die die Behandlung angenehmer machen und zu ihrer Akzeptanz beitragen.

Diese vier Aspekte, die sich auf die von der WHO formulierten Herausforderungen des Zugangs zu Gesundheitsversorgung beziehen, wollen wir mit unserer eigens entwickelten Methodik abdecken, um sowohl bestehende Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung zu bekämpfen als auch Anlagechancen wahrzunehmen.

1 Nature Medicine, 2020
2 WHO, 2019
3 CommonWealth Fund, 2016
4 In Vitro Diagnostics Market Size, Share & Covid-19 Impact Analysis, 2021
5 Europäische Kommission
6 European Journal of Human Genetics, 2019