Clement Inbona

Whatever it cakes! *

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Dieses Wortspiel machte Christine Lagarde bei der 25-Jahr-Feier der Europäischen Zentralbank (EZB) im Beisein ihrer Vorgänger Mario Draghi und Jean-Claude Trichet. Was für einen Weg hat die Frankfurter Institution in einem Vierteljahrhundert zurückgelegt!

Als unmittelbare Erbin der deutschen Bundesbank vereinte die am 1. Juni 1998 gegründete EZB zunächst elf Gründungsländer, die entschlossen waren, nicht nur eine Wirtschafts-, sondern auch eine Währungsgemeinschaft zu gründen. Noch vor ihrem ersten Geburtstag legte sie sich eine gemeinsame Währung zu: den Euro. Schon in jungen Jahren wurde die Institution mit einer ersten Finanzkrise konfrontiert: dem Platzen der Internet-Blase, auf das im Jahr 2001 infolge des Attentats vom 11. September eine geopolitische Krise folgte. Im zweiten Jahrzehnt ihres Bestehens unter der Leitung von Jean-Claude Trichet konnte die junge Zentralbank ihre Reife unter Beweis stellen, indem sie gemeinsam mit ihren Pendants auf amerikanischer, britischer und chinesischer Seite koordiniert auf die Finanzkrise von 2008 reagierte. In dieser weltweiten Krise bildeten die Solidarität ihrer Mitglieder und ihre Gemeinschaftswährung ein solides Bollwerk, das der Institution Glaubwürdigkeit verlieh.

Die Jugend der EZB war von einer Existenzkrise geprägt, denn ab 2011 kam die Gefahr einer Zersplitterung auf. Dies ging so weit, dass schließlich sogar der Ausfall eines ihrer Mitglieder, nämlich Griechenlands, zu befürchten war. Die Eurozone drohte auseinanderzubrechen. Erst im Juli 2012 gelang es mit den berühmten Worten Mario Draghis, dieser Krise ein Ende zu machen: „Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough[2]“. Darauf folgten 26 Quartale Wirtschaftswachstum und damit ein entspannter Übergang ins Erwachsenenalter. Heute stößt die EZB auf breite Zustimmung. Fast 80 % der Bürger befürworten den Euro, während es zur Zeit der Staatsschuldenkrise lediglich 60 % waren.

Die ersten Jahre, nachdem die Zentralbank die Volljährigkeit erreicht hatte, waren jedoch alles andere als ein Spaziergang. Mit einem abermals erweiterten Werkzeugkasten und gestärkter Solidarität gelang es dem inzwischen um einige Erfahrungen reiferen Institut in Frankfurt, die Corona-Krise und im Anschluss die Inflationswelle zu überstehen. Mit dem Beitritt Kroatiens Anfang 2023 sind heute 20 Länder Teil der Währungsunion.

Die EZB ist ein Kind der Krisen. Es besteht kein Zweifel daran, dass sie auch in den kommenden 25 Jahren nicht geschont wird. In dieses neue Vierteljahrhundert startet die Bank mit der heftigsten geldpolitischen Straffung ihrer Geschichte, um die durch die Pandemie und den Krieg in der Ukraine ausgelöste Inflationswelle einzudämmen. Zugleich schwächelt das Wirtschaftswachstum. Auf längere Sicht wird die EZB sich mit den Problemen der Klimakrise auseinandersetzen müssen. Doch wie es Jean Monnet, einer der Gründerväter Europas, ausdrückte: „Menschen akzeptieren Veränderung nur bei Notwendigkeit, und Notwendigkeit sehen sie nur in der Krise.“ All diese Herausforderungen sind somit zugleich Gelegenheiten für die EZB, stärker zu werden und ihre Legitimität und Unabhängigkeit zu festigen.

 

Redaktionsschluss: 26.05.2023 – Clément Inbona, Fund Manager

 

[1] Christine Lagarde und die ehemaligen EZB-Präsidenten teilten sich anlässlich des 25-jährigen Bestehens der EZB eine Torte: https://twitter.com/Lagarde/status/1661667818192904192?s=20
[2] Im Rahmen unseres Mandats ist die EZB bereit, alles Notwendige zu tun, um den Euro zu erhalten. Und glauben Sie mir, es wird genug sein.