Olivier de Berranger

Macroscope : Bank of Japan mit neuer Führung und Strategieschwenk

Paris, 14. März 2023 – Nach zehn Jahren an der Spitze der Bank of Japan leitete Haruhiko Kuroda am vergangenen Freitag seine letzte geldpolitische Sitzung. Diese endete mit einem Status quo, wie eine Nachrede auf ein Jahrzehnt extrem akkommodierender Geldpolitik in dem Inselreich. Während Kuroda abtritt, warten auf die Zentralbank zahlreiche Herausforderungen. Denn nachdem es lange Zeit verschont geblieben war, wurde letztendlich auch Japan von der Inflationswelle erfasst, unter der die meisten Länder der Welt leiden. Im Januar lag die Inflation bei 4,3 %, was im Vergleich zu der im vergangenen Jahr in den USA und Europa verzeichneten Rate von fast 10 % immer noch moderat ist. Dennoch ist es die höchste Teuerungsrate seit Anfang der 1980er Jahre. Zudem sieht es ganz danach aus, als verbreite sich die Inflation derzeit wie auch in der westlichen Welt in allen Wirtschaftszweigen. Diese Tendenz verstärkt sich durch den angespannten Arbeitsmarkt, der deutliche Lohnerhöhungen begünstigt. Mit anderen Worten: Mit einigen Quartalen Verspätung ist Japan mit genau denselben Mechanismen konfrontiert wie die USA oder Europa. Angesichts dessen lässt sich die drastische geldpolitische Lockerung, die die Bank of Japan auf Biegen und Brechen umgesetzt hat und an der sie bis Ende 2022 weitestgehend festhielt, immer weniger rechtfertigen.

Normalisierung der Geldpolitik soll eingeleitet werden

Nun steht Kazuo Ueda, Ökonom und von 1998 bis 2005 Mitglied des Rates der Bank of Japan, vor der schweren Aufgabe, eine Normalisierung der japanischen Geldpolitik in die Wege zu leiten. Wenngleich der neue Zentralbankchef diese derzeit noch für „angemessen“ hält, hat er zugleich ihre unerwünschten Nebenwirkungen unterstrichen und somit den Weg für Veränderungen in den kommenden Monaten geebnet. Am glaubwürdigsten erscheint ein allmählicher Abbau der Zinskurvensteuerung (oder Yield Curve Control). Diese seit 2016 verfolgte Politik zielt darauf ab, die wichtigsten Zinssätze für die Schulden der öffentlichen Hand zwischen festgelegten Grenzwerten zu halten – ein umstrittenes Instrument, das in den vergangenen Monaten sehr hohe Kosten verursacht hat. Die Zentralbank musste ihre Käufe von Staatsanleihen angesichts der Spekulationen auf höhere Zinsen sehr stark ausweiten. Es dürfte also in Zukunft zu einer breit angelegten Anpassung kommen. Dennoch wird sich die japanische Geldpolitik nicht von Grund auf ändern.

Neuer Zyklus mit Folgen für Anleihemärkte weltweit

Ein Grund dafür ist, dass Kazuo Ueda – wenngleich er offenbar eine weniger akkommodierende Haltung einnimmt als sein Vorgänger – keine besonders restriktive Linie verfolgt. Das liegt vor allem daran, dass sich Japan bei einer Staatsverschuldung von 264 % des BIP – der weltweit höchste Verschuldungsgrad – einen Höhenflug der Zinsen gar nicht leisten könnte, weil dies zu einer Explosion der Kosten für die Schulden führen würde. Wie dem auch sei: Der neue Zyklus, den die Bank of Japan einleiten dürfte, wird für die Finanzmärkte nicht folgenlos bleiben. Neben den japanischen Anlagen, die aufgrund der abnehmenden geldpolitischen Unterstützung unter Druck geraten könnten, wirkt sich dies womöglich negativ auf sämtliche Anleihenmärkte weltweit aus.

Denn japanische Anleger halten erhebliche Beträge der Schulden bestimmter Länder, insbesondere der USA, Australiens und Frankreichs. Die Aussicht auf einen Anstieg der japanischen Zinsen und des Yen, der 2022 aufgrund der Asymmetrie zwischen der japanischen Geldpolitik und der der anderen Industrieländer stark nachgegeben hat, könnte japanische Anleger dazu bewegen, Kapital aus dem Ausland wieder abzuziehen und es in japanische Schuldtitel zu investieren, da diese wieder attraktiver werden. Dies hätte eine relativ starke Verkaufswelle bei Staatsanleihen bestimmter Länder zur Folge. Für die Anleihenmärkte, denen die hartnäckige Inflation und das Risiko unerwartet starker Leitzinserhöhungen nach dem katastrophalen Jahr 2022 noch immer zusetzen, stellt dies eine zusätzliche Belastung dar, die nicht außer Acht gelassen werden darf.

Von Olivier de Berranger, CIO bei LFDE

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